Auch in Zeiten des Wahlkampfes finden Sitzungen der Gemeindevertretung statt, in denen aktuelle Themen entschieden werden – Themen, die nicht im Zusammenhang mit dem Wahlkampf stehen. Alle auf der Tagesordnung auftauchenden Punkte wurden durch die Verwaltung eingebracht. Der Vorwurf von Steuerung oder gar Missbrauch der Themen als Wahlkampfthemen geht entsprechend ins Leere. Eine Kommentierung und Erläuterung unserer Sichtweise lassen wir uns aber nicht nehmen.
Unter Tagesordnungspunkt 8 fand sich bereits einer der zentralen Inhalte der Sitzung - die Verabschiedung des Haushaltes. Seit Jahren wird uns allen das Märchen vom Sparhaushalt erzählt. Tatsächlich steigen die Einnahmen der Gemeinde seit 10 Jahren kontinuierlich an. Diese Steigerungen sind vor allem dem Zuzug und einer verbesserten wirtschaftlichen Situation unserer Bürger geschuldet. Eine durch politisches Handeln verursachte Steigerung der Einnahme lässt sich dabei nicht erkennen. Tatsächlich ist die von uns seit jeher geforderte und auch mit den anderen Fraktionen umgesetzte Entwicklung weiterer Wohngebiete der entscheidende Faktor für diese Entwicklung. Die bereits erwähnten Einsparungen lassen sich allerdings nicht ausmachen. Jahr für Jahr steigen vor allem in den Sach- und Dienstleistungen die Ausgaben. Die Vorgaben hinsichtlich einer Deckelung der Ausgaben werden regelmäßig gerissen, und wenn wir z.B. bei von der Gemeinde einzuholenden Gutachten eine Reglementierung einfordern, um hier die Kosten zu senken, versagen uns die anderen Fraktionen mit teilweise befremdlichen Begründungen ihre Unterstützung. Wenn wir Deckelungen bei den Ausgaben vorschlagen, erhalten wir eine Absage, weil das zu unspezifisch wäre, wenn wir einzelne Positionen identifizieren und einbringen, wirft man uns Kleinkrämerei vor. Fakt bleibt: Die steigenden Einnahmen halten leider nicht Schritt mit den steigenden Ausgaben. Dass häufig sehr großzügig kalkuliert wird, zeigt bereits die Tatsache, dass im Coronajahr 2020 kein Defizit entstanden ist, sondern ein Überschuss erwirtschaftet werden konnte, der nun dazu genutzt werden kann, um im neu angesetzten Haushalt die Defizite weitestgehend zu kompensieren.
Durch die von der CDU eingebrachte Teilnahme an der Hessenkasse wurden unsere Schulden zur Hälfte durch das Land übernommen und die andere Hälfte in einen Kredit überführt. Dies ist allerdings an die Auflage geknüpft, keine weiteren Schulden zu machen. Die Aufstellung des vorliegenden Haushaltes reißt diese Vorgabe. Corona macht es möglich, den Haushalt zu verabschieden, ohne durch Steuererhöhungen die Verluste ausgleichen zu müssen. Wer nun meint, dass dieses Defizit durch dramatisch gesunkene Einnahmen verursacht wird, täuscht sich. Die prognostizierten Einnahmen entsprechen im Wesentlichen denen aus dem Jahr 2019. Und obwohl wir durch die Übergabe der Schulkindbetreuung an den Kreis nun mehr als 150.000 € weniger Ausgaben haben, wird dies durch weiter steigende Ausgaben aufgezehrt. Natürlich steigen auch die Kosten durch sinnvolle Aufwendungen, wie beispielsweise für weitere Gruppen in der Kinderbetreuung. Wir sind der festen Überzeugung, dass der Haushalt an einzelnen Stellen künstlich aufgebläht ist, und häufig mit diesen überzogenen Ansätzen Vorhaben umgesetzt werden, die durch die Gemeindevertretung nicht gewünscht sind und entsprechend keine Mehrheiten finden würden.
Es ist schwer, bei einem mehr als 400 Seiten umfassenden Haushalt in einer kurzen Zusammenfassung alle Punkte herauszuarbeiten und zu erläutern. Dies würde auch den Rahmen dieser „Meldung“ sprengen. Wir hoffen darauf, dass es gelingt, in der nächsten Legislatur, mit einer neuen Zusammensetzung der Gemeindevertretung die dringend notwendige Neuausrichtung angehen zu können. Die Fraktion der CDU hat sich entschieden, nicht gegen den Haushalt zu stimmen, da er keine direkten Mehrbelastungen für die Bürger mit sich bringt. Sollte allerdings absehbar keine ernsthafte Veränderung in der Haushaltspolitik beim Chef der Verwaltung sichtbar werden, werden wir uns konsequent gegen ein „weiter so“ mit steigenden Steuern stellen.
Bereits in der letzten Sitzung wurde die von der Verwaltung vorgelegte neue Friedhofssatzung angesprochen. Um das ganze kurz zu fassen: Wir stimmen einer neuen Satzung mit erheblichen Steigerungen der Bestattungskosten ohne eine strukturelle Änderung nicht zu. Wir halten es nicht für sinnvoll, einen Teil der Kosten auf 25 Jahre zu verteilen, und die Hinterbliebenen Jahr um Jahr zur Kasse zu bitten, und schlagen stattdessen eine Neukalkulation auf Basis einer einmaligen Bezahlung für Bestattung und Grabnutzung vor. Dies entspricht auch dem Wunsch der Bürger, mit denen wir uns dazu ausgetauscht haben. Darüber hinaus sind wir überzeugt, dass diese Änderung für die Verwaltung langfristig einfacher und damit effizienter umsetzbar wäre. Die Argumentation der anderen Fraktionen, dass eine entsprechende Umstellung mit Aufwand verbunden sei, kann für uns nicht gelten. Wenn man erkennt, dass ein System geändert werden muss, um es wieder auf den richtigen Weg zu bringen, dann muss man das auch angehen. Zwar konnten wir für unseren Antrag zur Neukalkulation keine Mehrheit bekommen, aber ohne unsere Stimmen konnte die vorliegende Fassung auch nicht verabschiedet werden. In der Zwischenzeit hat unser Bürgermeister auch gegen dieses Votum der Gemeindevertretung Widerspruch eingelegt. Es wäre bestimmt sinnvoller gewesen, stattdessen eine Fassung zu erarbeiten, die auch Mehrheitsfähig gewesen wäre. Formal kann er mit seinem Vorgehen eine wiederholte Abstimmung erzwingen, bei der wir eine Verabschiedung ggfls. nicht verhindern können - Politik mit der Brechstange.
Hinter dem Tagesordnungspunkt 10 steckt der ja mittlerweile schon berüchtigte Traktor für den Bauhof. Zu dem publizierten Video des Bürgermeisters muss gesagt werden: Der Einzige, der das Thema bislang öffentlich strapaziert, ist er selbst. Wie er das Thema nun in einen Zusammenhang mit dem Wahlkampf bringt, ist uns schleierhaft. Die Fraktionen waren sich einig, dass das Vorgehen des Bürgermeisters an dieser Stelle „fragwürdig“ war – wie im Echo nachzulesen. Scheinbar ist eher der Herr Bürgermeister bereits in den Wahlkampfmodus zur Bundestagswahl übergegangen. Äußerungen zu AMTIX kurz, „… man müsse auch für einen Ausgleich zwischen den betroffenen Kommunen sorgen…“, „… wählen Sie mich bei der Bundestagswahl, dann haben Sie mich früher los…“, „… nächste Woche lasse ich das neue Wahlkampfauto zu…“, Kritik am Programm der Grünen zum „Einfamilienhaus“, könnten da ein Hinweis darauf sein.
Aber zurück zur Tagesordnung: Auch in dieser Sitzung entschied sich die Mehrheit der Gemeindevertretung gegen die Anschaffung. Mit ausschlaggebend dafür war ein Gutachten, das zum Ergebnis kommt, dass die vorliegende Ausschreibung wahrscheinlich rechtswidrig ist, weil die von Gesetzes wegen vorgeschriebene „produktneutrale“ Ausschreibung durch die Verwaltung nicht erfolgt ist. Entsprechend hatte von sechs angeschriebenen Anbietern auch nur ein einziger ein Angebot abgegeben.
Darüber hinaus sind wir nach wie vor der Auffassung, dass der ausgeschriebene „Geräteträger“ – so die Bezeichnung für den Traktor in der Verwaltungssprache, nicht den Anforderungen unserer Gemeinde entspricht. Darüber kann man bestimmt unterschiedlicher Meinung sein und dies gemeinsam ausarbeiten. Genau das war auch im Haupt- und Finanzausschuss vereinbart worden, wurde allerdings ignoriert bzw., wie nun in einem weiteren Video eingeräumt, einfach vergessen. Verzeihen Sie den erneuten Ausflug in die Inhalte des Videos zum Traktor. Der rührselige Appell des Bürgermeisters, doch die Mitarbeiter der Verwaltung zu schonen, ist komplett daneben. Jedem Beteiligen ist klar, dass nicht die Mitarbeiter die Verantwortung für das von der Gemeindevertretung mehrheitlich nicht mitgetragene Vorgehen der Verwaltung tragen, sondern einzig der Bürgermeister selbst. Und der hat ja auch eingeräumt, dass er damit umgehen könne, wenn man das auch entsprechend zum Ausdruck bringt.
Als Reaktion auf die Entscheidung der Gemeindevertretung wurde in der Zwischenzeit die offizielle „Beanstandung nach § 63 Abs. 2 HGO“ an den Vorsitzenden der Gemeindevertretung per Einschreiben zugestellt. Entsprechend befindet sich die Gemeindevertretung und die Verwaltung somit formal in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Der Rechtsbeistand der Gemeindevertretung wird nun das weitere Vorgehen vorbereiten.
Den Tagesordnungspunkt zur Beschaffung der Anbauteile für den Traktor hatte der Bürgermeister schon zu Beginn von der Tagesordnung streichen lassen. Da der Anschaffungspreis unter 50.000 € liegt, ist eine Freigabe durch die Gemeindevertretung nicht notwendig. Wie die Auffassung der Gemeindevertretung dazu ausgefallen wäre, kann man sich denken. Wie der Bürgermeister nun dazu weiter verfährt, bleibt abzuwarten.